Was erlaubt ist und was nicht?: Datenschutzkonforme Videoüberwachung von Baustellen
Eine Videoüberwachung auf Baustellen oder Betriebshöfen wirft datenschutzrechtliche Fragen auf, die im Kontext der DSGVO sorgfältig berücksichtigt werden müssen.
Die Überwachung von Baustellen mit Videotechnik hat sich in der modernen Bauindustrie als unverzichtbares Instrument zur Sicherung von Eigentum, Prävention von Vandalismus und Diebstahl sowie zur Dokumentation des Baufortschritts etabliert. Dabei ergeben sich jedoch komplexe datenschutzrechtliche Herausforderungen, die sorgfältige Planung, Durchführung und Transparenz erfordern, um im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu agieren. Wir beleuchten im Folgenden die rechtlichen Grundlagen und bewährten Praktiken einer datenschutzkonformen Videoüberwachung auf Baustellen.
Baustellenüberwachung und die DSGVO
Die DSGVO bildet das rechtliche Gerüst für den Datenschutz in der EU. Bei der Videoüberwachung auf Baustellen gelten die Grundsätze dieser Verordnung, insbesondere der Schutz personenbezogener Daten, auch wenn das berechtigte Interesse an Sicherheit und Eigentum auf dem Spiel steht. Um datenschutzrechtliche Konflikte zu vermeiden, müssen Baustellenbetreiber sicherstellen, dass die Prinzipien der DSGVO in die Überwachungspraxis integriert werden.
Die Rechtsgrundlage für Videoüberwachung auf Baustellen
Gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung eines berechtigten Interesses erforderlich ist und die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen. Dieser Artikel bildet die Grundlage für die Baustellenüberwachung. Baustellenbetreiber müssen jedoch eine sorgfältige Interessenabwägung durchführen und sicherstellen, dass die erfassten Daten nur für den beabsichtigten Zweck verwendet werden.
- Art der Aufnahmen: Nutzen Sie statt Live-Aufnahmen Zeitrafferbilder in Form von Übersichtsaufnahmen, um beispielsweise den Baufortschritt zu dokumentieren
- Ausschluss öffentlicher Bereiche: Stellen Sie sicher, dass öffentliche Bereiche sowie Nachbargrundstücke nicht erfasst werden, um die Privatsphäre Dritter zu wahren.
- Transparenzpflichten: Erfüllen Sie die Informationspflichten gemäß Art. 13 DSGVO, indem Sie Hinweisschilder mit Kamerasymbolen anbringen und Betroffene im Voraus über die Videoüberwachung informieren.
- Anonymisierung von Daten: Verpixeln Sie Personen und andere personenbezogene Daten wie Kfz-Kennzeichen. Falls dies nicht möglich ist, stellen Sie sicher, dass die Aufnahmen so unscharf sind, dass eine Identifizierung unmöglich wird.
- Aufbewahrungsfrist: Beachten Sie, dass die maximale Aufbewahrungsfrist für Aufnahmen 72 Stunden beträgt, um den Grundsatz der Datenminimierung zu wahren.
- Zeitpunkt der Aktivierung: Setzen Sie die Kameras erst nach Beendigung der Bautätigkeit in Betrieb, um die Erfassung von sensiblen Arbeitsabläufen zu vermeiden.
- Hinweis auf Videoüberwachung: Gewährleisten Sie, dass die Videoüberwachung bekannt ist, indem Sie auf die Kameras hinweisen. Dadurch bleiben Sie im Einklang mit den Transparenzpflichten der DSGVO.
- Betriebsvereinbarungen und Betriebsrat: Falls ein Betriebsrat existiert, binden Sie diesen rechtzeitig in den Überwachungsprozess ein. Falls erforderlich, schließen Sie eine Betriebsvereinbarung, um die Interessen der Beschäftigten zu wahren.
- Auftragsverarbeitungsvertrag: Schließen Sie gegebenenfalls einen Auftragsverarbeitungsvertrag gemäß Art. 28 DSGVO mit einem externen Dienstleister für Baustellenüberwachung ab, um sicherzustellen, dass die Daten rechtskonform verarbeitet werden.
Transparenzpflichten und Informationsweitergabe
Transparenz ist der Schlüssel zur datenschutzkonformen Videoüberwachung. Baustellenbetreiber müssen Betroffene gemäß Artikel 12 und 13 der DSGVO über die Überwachung informieren. Hierzu gehören Angaben über den Verantwortlichen, den Verarbeitungszweck, die Rechtsgrundlage, die Speicherdauer sowie die Rechte der Betroffenen. Hinweisschilder mit Kamerasymbolen sollten an gut sichtbaren Stellen angebracht werden, um Passanten und Beschäftigte über die Videoüberwachung zu informieren.
Die Veröffentlichung von Überwachungsvideos, auf denen individuelle Personen identifizierbar sind, ist nicht erlaubt! Falls Sie jedoch vorhaben, Überwachungsvideos beispielsweise auf Ihrer Website als Livestream zu veröffentlichen, erfordert dies eine ausdrückliche Zustimmung aller im Video erkennbaren Personen. Als praktische Lösung könnte gelten, dass die Videoinhalte als nicht personenbezogen gelten, wenn Sie alle betroffenen Personen irreversibel unkenntlich machen. Z.b. mit softwarebasierte Anonymisierungstools welche automoatisch verpixeln. In einem solchen Fall können die Videodaten ohne Bedenken veröffentlicht werden.
Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) und Datenschutzbeauftragte
In Fällen, in denen das Datenschutzrisiko erheblich ist, erfordert die DSGVO eine Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß Artikel 35. Dieser Prozess umfasst die Analyse der Verarbeitungsvorgänge, die Bewertung der Risiken und die Festlegung von Abhilfemaßnahmen. Ein Datenschutzbeauftragter kann wertvolle Unterstützung bei der Durchführung der DSFA bieten und sicherstellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt werden.
Datenschutz und Rechtmäßigkeit bei Videoüberwachung und Baustellendokumentation
Die Frage, ob eine Videoüberwachung, Langzeit-Zeitrafferfotografie oder eine Baustellendokumentation gesetzeskonform ist, kann nicht pauschal beantwortet werden und erfordert eine individuelle Beurteilung. Die Rechtmäßigkeit muss immer anhand von Einzelfallentscheidungen unter Berücksichtigung einer Interessenabwägung festgestellt werden. Hierbei ist besondere Vorsicht geboten, da Verstöße gegen die Rechte von betroffenen Personen, wie zum Beispiel das Recht auf Information bei der Erhebung personenbezogener Daten (gemäß Artikel 13 der DSGVO) oder das Recht am eigenen Bild (gemäß §§ 22ff. des Kunsturheberrechtsgesetzes), empfindliche Bußgelder oder Abmahnungen nach sich ziehen können. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass die Geschäftsführung eines Unternehmens bei Datenschutzverstößen – unabhängig von der Gesellschaftsform – auch persönlich haftbar gemacht werden kann.